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Die am weitesten verbreitete Technologie
geringer Integration (SSI) und kurzer Gatterlaufzeiten ist die
Transistor-Transistor-Logik (TTL), die auf der oben behandelten
bipolaren Transitortechnologie aufbaut.
9.2.1 Aufbau von TTL-Schaltkreisen
Die Grundlage der integrierten TTL-Schaltungen
bildet ein Multiemittertransistor (Vielemittertransistor) auf
der Eingangsseite, d.h. ein Transistor, der statt nur eines Emitters
mehrere Emitter aufweist. Schon auf Grund dieser Struktur wird
eine logische Funktion implementiert (die UND-Verknüpfung).
Ausgangsseitig gibt es zahlreiche Variationsmöglichkeiten,
was zu TTL-Bauelementen mit unterschiedlichen Anwendungsbereichen
führt.
Der einfachste TTL-Baustein, der
auf diese Weise realisiert wurde, ist ein zweifaches NAND-Gatter,
dessen grundlegender Aufbau in Abb. 9.8 wiedergegeben wird.
Dieses Basisgatter ist bereits ein Beispiel dafür, daß
invertierende Gatterfunktionen (NAND, NOR, NOT) technisch mit
geringerem Aufwand als nichtinvertierende realisiert werden können.
Abb. 9.8: 2-NAND-TTL-Gatter
Zum Verständnis der Grundfunktion
dieses Gatters genügt es, zwei Fälle zu unterscheiden.
Fall 1: Mindestens ein Eingang (x1, x2) liegt auf 0V:
In diesem Fall wird die Basis-Emitter-Diode
des Transitors T1
in Durchlaßrichtung geschaltet, die Basis von T2
liegt praktisch auf dem 0V-Niveau (~0,4V). T2
wird also gesperrt, was als Folge ebenfalls T3
sperrt, so daß der Ausgang y auf 5V-Potential liegt.
Fall 2: Alle Eingänge liegen auf 5V:
Bei dieser Beschaltung wird die Basis-Emitter-Diode
von T1
gesperrt, während die Kollektor-Basis-Diode in Durchlaßrichtung
betrieben wird; T1
wird invers betrieben (Emitter und Kollektor haben ihre Funktionen
vertauscht). Der so entstehende Emitterstrom des invertierten
Transistors T1 steuert T2 und T3
in die Sättigung: der Ausgang y liegt praktisch auf 0V-Pegel.
Das Gatter erfüllt also die erwartete NAND-Funktion.
Für praktische Anwendungen ist
dieses Gatter allerdings noch ungeeignet. Bei kapazitiver Belastung
(parasitäre Kapazitäten) des Ausganges y ergibt sich
eine hohe Zeitkonstante RCCL.
Bei einem Ausgangswechsel vom 0-Pegel auf 1-Pegel kommt es zur
Sperrung des Ausgangstransistors und zum exponentiellen Aufladen
der beteiligten Kapazitäten. Hohe Zeitverzögerungen
würden die Schaltvorgänge also verlangsamen.
Um die Leistungsaufnahme des Gatters
nicht zu erhöhen, kann der Widerstand RC
nicht ohne weiteres reduziert werden. Dieser passive Widerstand
wird deshalb ersetzt durch einen weiteren Transistor T4,
dessen Aufgabe darin besteht, den Ausgang y beim 0/1-Übergang
aktiv auf den Pegel der Versorgungsspannung zu bringen. In
diesem Fall kann der Wert des Widerstandes RC
stark reduziert werden. Der niedrige Ausgangswiderstand des Gatters
garantiert kurze Schaltzeiten im 0- und im 1-Pegel.
Abb. 9.9: Standard-TTL-Gatter der Serie SN54/74/84
Diese in den sog. Standard-TTL-Schaltungen zum Einsatz gebrachte Ausgangsstufe wird als "Gegentakt-Ausgangsstufe" bezeichnet. Sehr verbreitet ist auch die Bezeichnung "totem- pole"- Ausgang.
Abb. 9.10: Gegentakt-Ausgangsstufe (totem-pole). |
Das Standard-TTL-Gatter (Abb. 9.9)
existiert in modifizierter Form, um anwendungsspezifische Parameter
wie Leistungsaufnahme und Schaltzeit zu optimieren.
Die so zunächst entstandenen
"Low-Power"- und "High-Speed"-TTL-Baureihen
unterscheiden sich vom ursprünglichen TTL-Gatter durch Neudimensionierung
der Grundschaltung bzw. Umwandlung des Transistors T4
der Ausgangsstufe in eine Darlington-Stufe.
Abb. 9.11: Typische Schaltkreise für die TTL-Baureihen
"Low-Power"
(links) und "High-Speed" (rechts, mit Darlington-Stufe).
Die beiden letztgenannten Baureihen
haben heute für die Anwendung kaum noch Bedeutung, da sie
inzwischen durch wesentlich wirksamere Bauteilreihen ersetzt wurden
(s.u.).
Um das Zusammenschalten von mehreren
TTL-Ausgängen zu ermöglichen, reichen die Standard-Ausgangskonfigurationen
(Gegentaktausgang) nicht aus. Insbesondere um sogenannte Busstrukturen
zu realisieren, sind andere Ausgangsstufen entwickelt worden:
9.2.2.1 Open-Collector-Ausgang
Bei Gattern mit Open-Collector-Ausgang fehlt der bei Standard-TTL-Gattern integrierte Kollektor-Widerstand RC. Das Zusammenschalten mehrerer Ausgänge dieser Art ist jetzt möglich, wenn über einen gemeinsamen externen Widerstand eine Verbindung zur Versorgungsspannung hergestellt wird (pull-up-Widerstand). Dadurch ensteht die Möglichkeit sogenannte "Bussysteme" zu bilden, d.h. Ausgangssignale an einer Sammelleitung (bus) zusammenzuschalten (s.u.).
Abb. 9.13: 2-NAND-Gatter mit Open-Collector-Ausgang. | Abb. 9.12: Schaltsymbole für Open-Collector-Ausgänge. |
Eine weitere Ausgangskonfiguration
wird als Tri-State-Ausgang bezeichnet. Bei dieser Ausgangsart
wird die Totem-Pole-Schaltung (Abb. 9.9) durch Hinzufügen
eines weiteren Eingangssignales ergänzt. Dieses Signal wird
über die Diode D1
mit dem Kollektor von Transistor T2
verbunden (Abb. 9.15). Wird diese Diode auf "0"-Pegel
geschaltet, wird die gesamte Ausgangsstufe gesperrt (T3
und T4 werden gleichzeitig gesperrt), der Ausgang y ist offen.
Bei "1"-Pegel dieses Signals
funktioniert die Ausgangsstufe als normaler Totem-Pole-Ausgang.
Der Name "Tri-State"
deutet an, daß zu den beiden bereits existierenden Ausgangs-Zuständen
"0" und "1" ein dritter hinzukommt: "offen"
bzw. "Z".
Da das zusätzliche Eingangssignal
die Totem-Pole-Funktion ein- bzw. ausschalten kann, wird
es oft mit der Bezeichnung "enable" (EN) bzw.
"output-enable" (OE) markiert.
Abb. 9.15: 2-NAND-Gatter mit Tri-State-Ausgang |
Abb. 9.14: Schaltsymbol eines Tri-State-Ausganges. |
Auch Tri-State-Ausgänge
sind bei Benutzung von Sammelleitungen wichtig (s.u.).
9.2.3 Statische Kenngrößen der TTL-Gatter
Wie die obige Beschreibung der TTL-Gatter zeigt, handelt es sich hierbei im Prinzip um analoge Schaltungen, obwohl von TTL-Bauteilen ein digitales Verhalten erwartet wird.
Das analoge Verhalten dieser Schaltungen kann z.B. durch Kennlinien beschrieben werden, wie es von den Dioden, Transistoren usw. her bekannt ist. Der digitale Aspekt kann dann dadurch eingeführt werden, daß Spannungs- bzw. Strompegel nur innerhalb genau vorgeschriebener ("digitaler") Grenzen variieren dürfen. Dem analogen Verhalten wird also ein digitaler "Rahmen" vorgegeben.
9.2.3.1 TTL-Eingangskennlinie (Eingangs-Charakteristik)
Die Eingangskennlinie gibt den Zusammenhang
zwischen Eingangsstrom und Eingangsspannung an:
(9.1) |
Für Standard-TTL ist die Eingangskennlinie
in Abb. 9.16 wiedergegeben. Die Kennlinie hat qualitative
Bedeutung; ihr aktueller Verlauf hängt stark von äußeren
Parametern wie Betriebsspannung, Temperatur usw. ab.
Abb. 9.16: Eingangskennlinie (Standard-TTL).
Herstellerunabhängig wird für
alle TTL-Gatter die Erkennung der folgenden logischen Eingangspegel
garantiert:
"0"-Pegel: | UIL 0,8V, |
"1"-Pegel: | UIH 2,0V. |
9.2.3.2 TTL-Ausgangskennlinie (Ausgangs-Charakteristik)
Die Ausgangskennlinie gibt den Zusammenhang
zwischen Ausgangsstrom und Ausgangsspannung an.
(9.2) |
Der Ausgangspegel eines Gatters wird
von den Gattereingängen festgelegt. Es gibt daher zwei unabhängige
Ausgangskennlinien für "0"- bzw. "1"-Pegel.
(9.3) |
Abb. 9.17: Ausgangskennlinie ("1"-Pegel, Standard-TTL).
Abb. 9.18: Ausgangskennlinie ("0"-Pegel, Standard-TTL).
Für die Pegelwerte am Gatterausgang
werden die folgenden Werte garantiert:
"0"-Pegel: | UQL 0,4V, |
"1"-Pegel: | UQH 2,4V. |
9.2.3.3 Statische Störsicherheit
Wie aus den oben angegebenen Grenzwerten
der Eingangs- und Ausgangspegel ersichtlich, besteht zwischen
den jeweils definierten logischen Pegeln ein Unterschied von mindestens
0,4V:
Abb. 9.19: Definition der TTL-Pegel.
Es besteht also eine Sicherheitszone von 0,4V; zwischen zwei Gattern darf demzufolge ein Potentialversatz in gleicher Höhe existieren, ohne daß es zu einer Fehlinterpretation der Signale kommen kann.
Diese Sicherheitszone in den statischen
Potentialzuordnungen wird als statischer Störabstand
bezeichnet. Die Eigenschaft der damit verbundenen Unterdrückung
von Störungen wird statische Störsicherheit genannt.
Abb. 9.20: Definition des statischen Stör-abstandes.
Eine weitere zur Charakterisierung
eines Gatters sehr wichtige Größe ist seine Treiberfähigkeit,
d.h. der maximale Ausgangsstrom, der zur Ansteuerung nachgeschalteter
Gattereingänge zur Verfügung steht.
Als Maß für diese Treiberfähigkeit
wird das Fan-Out definiert. Diese dimensionslose Größe
gibt an, wieviele normierte Gattereingänge (Lasteinheiten)
von einem Gatterausgang gespeist werden können, ohne daß
die Vorgaben für die Pegelwerte verletzt werden.
Das Fan-Out errechnet sich
als Quotient aus dem maximalen Ausgangsstrom des steuernden Gatters
und dem maximalen Eingangsstrom des anzusteuernden Gatters:
. | (9.4) |
In entsprechender Form wird die normierte
Eingangsbelastung definiert. Diese als Fan-In bezeichnete
Größe hat allerdings nur dann Bedeutung, wenn unterschiedliche
TTL-Familien verglichen werden; innerhalb einer Logikfamilie hat
das Fan-In stets den Wert 1.
Für das Fan-In gilt:
, | (9.5) |
wobei IImax0
die durch ein Eingangsgatter der Bezugsfamilie gegebene maximale
Belastung darstellt. Als Bezug wird in der Regel die LS-TTL-Familie
herangezogen:
, | (9.6) |
9.2.4 Dynamische Kenngrößen der TTL-Gatter
9.2.4.1 Schalt- und Verzögerungszeiten
TTL-Gatter zeigen ein sehr ausgeprägtes
zeitliches Verhalten, durch das die maximale Arbeitsgeschwindigkeit
der Schaltkreise bestimmt wird. Durch das dynamische Verhalten
der aufgeprägten externen Signale wird außerdem das
Verhalten der TTL-Gatter stark beeinflußt.
Die durch ein Gatter gegebene Flankensteilheit
sowie die Verzögerungszeit (engl. propagation time)
bilden deshalb die wichtigsten dynamischen TTL-Kenngrößen.
Als Flankensteilheit (Abb. 9.21)
wird die Zeit definiert, die für eine Signaländerung
zwischen dem 10%-Spannungspegel und dem 90%-Pegel benötigt
wird. Zu unterscheiden sind dabei die Zeit für die ansteigende
Flanke (Anstiegszeit, engl. rise time tr)
und die Zeit für die abfallende Flanke (Abfallzeit, engl.
fall time tf),
die im allgemeinen unterschiedlich groß sind.
Abb. 9.21: Definition der Flankensteilheit
Beide Zeiten sollten möglichst
klein sein, wenn TTL-Gatter angesteuert werden. Bei kleiner Flankensteilheit
(lange Anstiegs- bzw. Abfallszeit) werden beide Transistoren der
Gegentakt-Ausgangsstufe gleichzeitig leitend, was zu großen
Querströmen führt.
Bei Standard-TTL- und LS-TTL-Bauteilen
(s.u.) sollte für die Anstiegszeit tr 15ns
und für die Abfallzeit tf 6ns
eingehalten werden.
Als Gatterlaufzeit wird die
Signallaufzeit zwischen Gattereingang und Gatterausgang bezeichnet
(siehe Inverter-Beispiel, Abb. 9.22). Auch in diesem Fall ist
je nach Änderungsrichtung des Signales zwischen zwei (meistens)
unterschiedlichen Verzögerungszeiten zu unterscheiden. Im
Gegensatz zur Definition der Flankensteilheit wird zur Bestimmung
der Laufzeiten auf das Mittenpotential der Signale Bezug genommen
(50%-Pegel).
Abb. 9.22: Definition der Gatterlaufzeit.
Die beiden Verzögerungszeiten werden als tphl
bzw. tplh
bezeichnet (hl: Änderung von "high" nach
"low", lh entsprechend). Typische Verzögerungszeiten
für Standard-TTL-Gatter liegen bei tphl
7ns und tplh 11ns.
Beide Verzögerungszeiten werden
oft zu einer mittleren Gatterverzögerungszeit tp
zusammengefaßt:
. |
Bei Standard-TTL-Basisgattern kann von einer mittleren Verzögerung tp
10ns ausgegangen werden.
9.2.4.2 Geschwindigkeit-Leistungs-Produkt
Da außer der Geschwindigkeit
(Verzögerungszeit) die Leistungsaufnahme (s.u.) eines Gatters
einen wichtigen anwendungsorientierten Parameter darstellt, wird
zur allgemeinen Qualifizierung eines Bauelements oft das Produkt
dieser beiden Größen gewählt.
Das so definierte Geschwindigkeit-Leistungs-Produkt
(engl. speed-power-product oder power-delay-product)
sollte, wie die einzelnen Faktoren, einen Minimalwert annehmen.
Das Geschwindigkeits-Leistungsprodukt wird in pJ angegeben.
9.2.4.3 Dynamische Störsicherheit
Die statische Störsicherheit
beschreibt das Verhalten digitaler Bausteine bei zeitlich konstanten
Signalen.
In Ergänzung dazu charakterisiert
die dynamische Störsicherheit das Verhalten gegenüber
sich zeitlich schnell ändernden Signalen. Es zeigt sich,
daß Signale auch bei Überschreiten der durch die statische
Störsicherheit gegebenen Grenzwerte den Gatterzustand unbeeinflußt
lassen, wenn ihre Dauer sehr kurz ist.
Bestimmend für das Ausmaß
dieser "Immunität" sind sowohl Länge als auch
Pegel des Störsignals. Beide Eigenschaften können wiederum
in einer Größe zusammengefaßt werden: das Produkt
aus Impulsamplitude und Impulsdauer kennzeichnet die in ein Gatter
eingekoppelte Störenergie.
Sehr kurze Impulse können deshalb
selbst bei Signalpegeln dicht oberhalb der Gatter-Betriebsspannung
(i. allg. 5 V) wirkungslos bleiben.
In Abb. 9.23 werden typische Grenzkurven für die dynamische Störsicherheit eines Standard-TTL-Gatters wiedergeben (die zulässige Impulsamplitude USt als Funktion der Impulsbreite tSt). Da H- und L-Pegel unterschiedliches Störverhalten zeigen, müssen zwei getrennte Kurven angegeben werden.
Es zeigt sich, daß bei kurzen Impulsen sehr hohe Störspannungen USt unterdrückt werden, während bei langen Impulsen das Verhalten wiederum durch die statische Störsicherheit bestimmt wird.
Abb. 9.23: Dynamische Störsicherheit.
9.2.5 Anwendung von Open-Collector- und Tri-State-TTL
Werden Totem-Pole-Ausgänge (verbotenerweise) zusammengeschaltet, z.B. um eine Sammelleitung zu formen, können die vorgegebenen Stromgrenzen überschritten werden.
In Abb. 9.24 wird der TTL-Ausgang
1 auf "1"-Pegel programmiert und mit Ausgang 2 verbunden,
der auf "0"-Pegel liegt. Als Folge werden die Transistoren
T3 und T4
gleichzeitig leitend, wodurch der maximal erlaubte Kollektorstrom IC
von Ausgang 1 überschritten wird.
Abb. 9.24: Stromverhältnisse bei zwei verbundenen Totem-Pole-Ausgängen ("Low"-Pegel).
9.2.5.1 Open-Collector-Verknüpfungen
Das oben beschriebene Problem kann
durch Verwendung von TTL-Schaltungen mit Open-Collector-Ausgängen
(Abb. 9.13) vermieden werden. Die Gatterausgänge werden
in diesem Fall nicht über Transistoren mit der positiven
Versorgungsspannung verbunden sondern über den gemeinsamen
Pull-Up-Widerstand Rpu (Abb. 9.25).
Auch bei dieser Beschaltung muß
darauf geachtet werden, daß unabhängig von den durch
den Knoten y fließenden Strömen die Pegelwerte eingehalten
werden. Dies bedeutet insbesondere, daß eine genaue Bestimmung
von Rpu
notwendig ist und daß bei einer Änderung der Schaltung
eine Neudimensionierung vorgenommen werden muß.
Der durch diese Schaltung entstandene gemeinsame Ausgang y liegt auf "0"-Pegel, wenn mindestens ein Ausgangstransistor leitend ist. Nur wenn alle Transistoren sperren, liegt y auf "1"-Pegel.
Es gilt demnach:
Gemäß dieser "0"-Dominanz
wird am Ausgang y durch die vorgenommene externe Verdrahtung eine
logische Verknüpfung erzeugt, eine sogenannte "Phantomverknüpfung".
Dieses Verbindungsprinzip wird als
Wired-Dot-Logik bezeichnet.
Da in diesem Fall offenbar eine UND-Verknüpfung
realisiert wird, spricht man außerdem von einem Wired-And.
Wird negative Logik gewählt, ergibt sich eine ODER-Verknüpfung,
die entsprechend Wired-Or genannt wird.
Abb. 9.25: Verdrahtung von Open-Collector-Ausgängen yi an einer Sammelleitung (bus) y unter Verwendung eines Pull-Up-Widerstandes Rpu (Phantomverknüpfung). |
Der durch Wired-Dot-Logik
entstandene Ausgang kann im Prinzip wie ein normaler TTL-Ausgang
behandelt werden. Insbesondere können nachfolgende TTL-Gatter
angesteuert werden, so daß über eine Bus-Struktur
komplexe Funktionen realisiert werden.
Abb. 9.26:Typische Open-Collector-Anwendung. |
9.2.5.2 Dimensionierung des Pull-Up-Widerstandes
Rpu
Zum Zusammenschalten mehrerer Open-Collector-Ausgänge
an eine Bus-Leitung ist die externe Beschaltung mit einem
Widerstand Rpu
notwendig. Mit dieser Sammelleitung können dann in entsprechender
Form mehrere TTL-Eingänge verbunden werden.
Da die Anzahl sowohl der Gatterausgänge
als auch der angeschlossenen Gattereingänge variabel ist,
muß Rpu
für die aktuell gegebene Schaltung dimensioniert werden.
Die Berechnung des Pull-Up-Widerstandes
muß getrennt für Ausgangspegel "0" und "1"
durchgeführt werden, was zur Bestimmung eines Minimal- und
eines Maximalwertes führt, aus denen schließlich ein
sinnvoller Wert gebildet werden kann.
Abb. 9.27: Bestimmung des Pull-Up-Widerstandes Rpu.
Bestimmung von Rpu für UQL (Ausgang low):
In diesem Fall werden die folgenden Parameter benutzt (siehe Abb. 9.27):
UBmax: | höchste Betriebsspannung; |
UQLmax: | maximale Gatterausgangsspannung für low-Pegel; |
IQL: | Strom, der bei low-Pegel in den Gatterausgang fließt; |
IIL: | Strom, der bei low-Pegel aus dem Gattereingang herausfließt; |
n: | Anzahl der zu versorgenden Gattereingänge. |
Für Rpu ergibt sich ein Minimalwert Rpumin:
(9.7) |
Bestimmung von Rpu für UQH
(Ausgang high):
In diesem Fall werden die folgenden Parameter benutzt:
UBmin: | kleinste Betriebsspannung; |
UQLmin: | minimale Gatterausgangsspannung für high-Pegel; |
IQH: | Strom, der bei high-Pegel in den Gatterausgang hineinfließt; |
IIH: | Strom, der bei low-Pegel in den TTL-Eingang fließt; |
m: | Anzahl der Gatterausgänge. |
Für Rpu ergibt sich ein Maximalwert Rpumax:
(9.8) |
Für Rpu wird sinnvollerweise ein mittlerer Wert gewählt:
(9.9) |
Beispiel 9.1:
Es sollen zwei Open-Collector-Gatter
mit drei Standard-TTL-Gattereingängen verbunden werden.
Gegeben:
m = 2, | n = 3, | UB = 5V |
UQLmax | = 0,4V | UQHmi = 2,4V |
IQL | = 16mA | IQH = 250µA |
IIL | = -1,6mA | IIH = 40µA |
Damit ergeben sich folgende Werte:
Für die praktische Realisierung
sollte ein gemäß Gl. 9.9 geeigneter Wert ausgewählt
werden (z.B. 3,3k).
Das Verbinden von TTL-Ausgängen
über Sammelleitungen (bussing) ist mit Hilfe der Open-Collector-Technik
möglich. Diese Methode hat allerdings den Nachteil, daß
mit jeder Schaltungsänderung eine Neudimensionierung des
Pull-Up-Widerstandes notwendig wird.
Eine Alternative dazu bieten TTL-Gatter
mit Tri-State-Ausgang. Über ein gesondertes Steuersignal
kann bei diesen Bausteinen der Ausgang in einen Zustand versetzt
werden, der einer Unterbrechung der Ausgangsverbindung gleichkommt
(hochohmiger Ausgang: high impedance, "Z"-Zustand).
Um eine Busstruktur zu realisieren,
ist dafür zu sorgen, daß von den angeschlossenen Ausgängen
jeweils nur ein einziger aktiv sein kann. Dies bedeutet, daß
nur ein einziger Baustein über den EN-Eingang aktiviert werden
darf (sonst würden die gleichen Probleme auftreten, die beim
Zusammenschalten von Totem-Pole-Ausgängen entstehen,
s.o.).
Abb. 9.28: Verbindung von n Tri-State-Gattern.
Durch die Steuersignale EN1 - ENn kann eines der Eingangssignale A1 - An auf den gemeinsamen Bus geschaltet werden. |
9.2.5.4 Anwendungsbereiche für Open-Collector-
und Tri-State-Ausgänge
Es besteht offenbar eine große
Ähnlichkeit zwischen einem Open-Collector- und einem
Tri-State-Ausgang.
Die Anwendungsbereiche sind dennoch unterschiedlich:
Der Open-Collector-Ausgang zeichnet sich dadurch aus, daß kein Steuersignal notwendig ist. Die Verbindung der Ausgänge stellt eine logische Verknüpfung dar (UND), die Logik ist Null-dominant. Dadurch eignet sich dieser TTL-Ausgang insbesondere, um identische Signale zu überwachen, die von unterschiedlichen (und teilweise nicht weiter identifizierten) Quellen erzeugt werden.
Beispiel:
In der Mikroprozessoranwendung werden
Alarmsignale (Interrupt-Signale) über Open-Collector-Ausgänge
auf eine gemeinsame Interrupt-Leitung gegeben.
Der Tri-State-Ausgang hat einen erweiterten Anwendungsbereich. Er wird besonders dann eingesetzt, wenn eine größere Anzahl gleichartiger Signale sich eine umfangreichere Sammelleitung (bus) teilen.
Beispiel:
Bei Mikroprozessoranwendungen besteht
die Notwendigkeit, z.B. Daten- und Adressen-Information in paralleler
Form zu schreiben bzw. zu lesen. Zu diesem Zweck existieren spezielle
Register- und Treiberbausteine mit Tri-State-Ausgängen
und zusätzlichen EN-Eingängen. Einige dieser Bausteine
weisen außerdem eine erhöhte Treiberfähigkeit
auf.
9.2.5.5 Der Bus-Transceiver SN74LS245
Der SN74LS245 stellt einen typischen
Bus-Treiberbaustein dar. Er ist für eine Informationsbreite
von 8 Bit ausgelegt, d.h. er kann in einer einzigen Operation
ein vollständiges Byte übertragen.
Abb. 9.29: Achtfach-Bus-Transceiver SN74LS245.
Der Datenaustausch ist außerdem
bidirektional; Daten können sowohl gelesen als auch geschrieben
werden. Der Steuereingang "DIR" dient zur Programmierung
dieser Funktion:
DIR = "0" | Datenweg BA, | |
DIR = "1" | Datenweg AB . |
Der Eingang G entspricht dem EN-Eingang (enable), er dient also dazu die Tri-State-Funktion zu aktivieren. Dieser Eingang ist active-low, d.h. es muß = "0" sein, um den niederohmigen Zustand einzuschalten.
Die Dateneingänge sind bei diesem
Baustein vom Typ Schmitt-Trigger; zur Störunterdrückung
besteht eine Hysterese von 0,4V um die TTL-Pegel herum, wodurch
sich Ein- und Ausschaltpegel um 0,4V unterscheiden.
Ausgangsstrom "low" | ||
Ausgangsstrom "high" | ||
"Z"-Ausgangsstrom "high" | ||
"Z"-Ausgangsstrom "low" | ||
Gatterlaufzeit "L" "H" | ||
Gatterlaufzeit "H" "L" | ||
Output enable time to low level | ||
Output enable time to high level | ||
Output disable time from low level | ||
Output disable time from high level |
Tab. 9.1: Typische Werte einiger Parameter des SN74LS245
In Tab. 9.1 werden typische
Werte für einige wichtige Parameter dieses Transceiver-Bausteins
wiedergegeben.
Die Verzögerungszeiten tpzl
usw. beziehen sich auf Pegeländerungen vom "Z"-Zustand
in den "H"- oder "L"-Zustand bzw. vom "H"- oder "L"-Zustand
in den "Z"-Zustand. Bei diesen Zeiten muß bei
den tatsächlichen Werten mit einer Schwankung von etwa 50%
gerechnet werden.
9.2.5.6 Typische Anwendung des 74LS245
Eine typische Anwendung für
einen Bus-Transceiver bildet die Weiterleitung von Daten,
die von unterschiedlichen Quellen kommen können, an einen
Mikroprozessor. Da diese Schreib- bzw. Lesevorgänge meistens
"Datenbreiten" bewältigen müssen, die ein
Vielfaches von 8 Bit sind, bietet sich die Benutzung eine achtfachen
Transceivers an.
Abb. 9.30: Verbindung zwischen einem 8-Bit-Mikroprozessorbus und zwei externen Einheiten A und B.
In den bisher behandelten TTL-Bausteinen
wurden als zentrale Bauelemente bipolare Transistoren eingesetzt,
die zum Erreichen des digitalen Verhalten in die Sättigung
gesteuert werden (s.o.). Auf Grund der dabei ablaufenden Umladungsprozesse
sind die erreichbaren Verzögerungszeiten begrenzt.
Eine Verbesserung wird durch Verwendung
von Schottky-Dioden und Schottky-Transistoren erreicht. Abb. 9.31
zeigt den Aufbau eines Schottky-Transitors, bei dem die Kollektor-Basis-Strecke
durch eine Schottky-Diode überbrückt wird. Diese Diode
verhindert, daß der Kollektor-Basis-Übergang in die
Sättigung gesteuert werden kann. Kürzere Umladungszeiten
und damit kürzere Verzögerungszeiten sind die Folge.
Die Schottky-Technologie wird in
mehreren Schaltkreisen eingesetzt, von denen die S- und LS-Bauteilreihe
die wichtigsten vereinigt (weitere neuere Schottky-TTL-Technolgien
werden in den nachfolgenden Zusammenstellungen wiedergeben).
Abb. 9.31: Aufbau eines Schottky-Transistors |
Abb. 9.32: Aufbau eines Grundgatters in S-Technologie (Schottky). |
Abb. 9.33: Aufbau eines Grundgatters in LS-Technologie (Low-Power-Schottky). |
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