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5 Laufzeiteffekte

5.1 Hazards


An einer einfachen Beispielschaltung können die Ursachen für das Auftreten zeitlich begrenzter Fehler in digitalen Schaltungen veranschaulicht werden:

Abb. 5.1: Beispielschaltung


Abb. 5.2: KV-Diagramm der obigen Gatterschaltung.




Diese Schaltung arbeitet im eingeschwungenen Zustand korrekt. Betrachtet man jedoch die zeitlichen Abläufe für den ebenfalls in das KV-Diagramm eingezeichneten Eingangssignalwechsel

x1: '1' '0'

bei konstanten Werten x0 = x2 = '1', dann wird ein kurzzeitig auftretender Signaleinbruch am Ausgang y0 beobachtet.

Das Impulsdiagramm zeigt deutlich, daß das Signal 4 auf Grund der Invertierung des Signals 2 um eine Gatterlaufzeit gegenüber dem Signal 5 verzögert wird. Am Eingang des ODER-Gatters tritt also kurzzeitig der nicht erwartete Fall ein, daß beide Eingangssignale 4 und 5 auf '0' liegen.

Der Ausgang y0 kann also für eine Gatterlaufzeit auf logisch '0' geschaltet werden (im nachfolgenden Impulsdiagramm wird von einer einheitlichen Signallaufzeit von 10 ns ausgegangen).


Abb. 5.3: Impulsdiagramm.

Das Auftreten dieses Störimpulses am ODER-Ausgang (Signal 6) ist nicht mit Sicherheit vorherzusagen. Gatter können auf Grund ihrer inneren Kapazitäten kurze Signale "absorbieren" (siehe: dynamische Störsicherheit).

Auf Grund des vorliegenden Schaltungsentwurfes besteht aber die Gefahr eines laufzeitbedingten Fehlverhaltens. Dieses in der Schaltungsrealisierung enthaltene Wagnis wird "Hazard" genannt.

Definition:

Erlaubt eine Schaltungsstruktur bei einem beliebigen Eingangssignalwechsel das Auftreten eines Störimpulses, dann enthält die Schaltungsrealisierung einen Hazard.

Der auf Grund des Hazards auftretende Störimpuls wird als Hazardimpuls bezeichnet (engl. glitch oder spike).


Beispiel:

Wie entscheidend für die Funktion einer Schaltung ein Hazard sein kann, soll das folgende Beispiel erläutern:

Ein Verknüpfungsnetz werde eingesetzt zur Erzeugung der zur Ansteuerung eines RS-Flipflops notwendigen Signale. Das RS-FF soll im Zustand "Speichern" gehalten werden (R = S = '0' bei NOR-Realisierung), es tritt jedoch ein Störimpuls (Hazard) auf der R-Leitung auf:

Abb. 5.4: Hazardbedingtes Fehlverhalten eines Flipflops.

Das RS-Flipflop wird zwar im Speicher-Zustand gehalten, der Hazardimpuls führt aber zum ungewollten Rücksetzen des Q-Ausganges.

Die Quellen derartiger Fehler liegen in einer falschen Schaltungsstruktur. Die Lokalisierung der Fehlerursachen ist oft sehr mühsam, ihre Beseitigung ist häufig mit einem umfangreichen Neuentwurf der Schaltung verbunden.


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