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1 Boolesche Algebra und digitale Logik

1.3 Darstellungsformen Boolescher Funktionen


1.3.1 Mengentheoretische Beschreibung Boolescher Funktionen

Werden n Mengen durch eine Funktion (Operation) miteinander verknüpft, so wird diese Funktion auf alle möglichen n-Tupel der Einzelelemente, den Funktionsargumenten, angewendet.

Erläuterung der Schreibweise:

Eine Boolesche Funktion f verknüpfe zwei Operanden a und b:


Dann wird die BFkt f(a,b) angewendet auf die Elementpaare (2-Tupel)



Das Ergebnis dieser Operation f(a,b) kann wiederum durch Mengen beschrieben werden, die Ergebnismengen. Da als Ergebniswerte der Booleschen Funktion f nur die Werte 0 und 1 möglich sind, kann das Ergebnis mit Hilfe der 0-Menge und der 1-Menge gekennzeichnet werden:



Auch für eine n-stellige Boolesche Funktion kann das Ergebnis natürlich in entsprechender Form beschrieben werden. Die BFkt f(a0,a1,...,an) ordnet jedem ihrer Argumente (n-Tupel) einen Funktionswert "0" bzw. "1" zu, sie "sortiert" die n-Tupel in die Mengen F0 bzw. F1:

Die Boolesche Funktion bildet die Argumenten-Menge auf die Funktionswert-Mengen ab.

Diese Verhältnisse können in grafischer Form veranschaulicht werden:


Abb. 1.3: Definition einer Booleschen Funktion.



Beispiel: Die binäre Boolesche Funktion: UND

Definition:
Die BFkt UND liefert dann und nur dann den Funktionwert "1", wenn alle Funktionsargumente den Wert "1" haben.

Damit ergibt sich unmittelbar die Beschreibung der Lösungsmengen:

was wiederum grafisch dargestellt werden kann:


Abb. 1.4: Die Boolesche Funktion "UND"



1.3.2 Wahrheitstafeln zur Beschreibung Boolescher Funktionen

Es bestehen andere Möglichkeiten eine Boolesche Funktion zu charakterisieren.

Häufig Verwendung findet die Beschreibung durch Tabellen, die in diesem Fall dann als "Funktionstabellen" bezeichnet werden. Andere synonyme Namen sind "Wertetabelle", "Wahrheitstafel" oder ähnliche Formulierungen.

Beispiel: Wahrheitstafel der Funktion "UND":

a
b
f(a,b)
0
0
0
0
1
0
1
0
0
1
1
1
zeichnet die BFkt "UND" aus

Tab. 1.4: Wahrheitstafel der Funktion "UND"



1.3.3 Beschreibung Boolescher Funktionen unter Verwendung mathematischer Verknüpfungssymbole

Eine weitere Beschreibungsform definiert die Boolesche Funktion mit Hilfe eines mathematischen Verknüpfungssymbols (ähnlich wie dies z.B. bei der Beschreibung der Grundrechenarten durch die Symbole +, -, ... geschieht). In einigen Fällen, wie auch hier bei der Funktion "UND", stehen mehrere, in ihrer Bedeutung äquivalente Symbole zur Verfügung.

Beispiel: Verknüpfungssymbol der Funktion "UND":



1.3.4 Schalterbeschreibung Boolescher Funktionen

Begriffe wie "digitale Schaltung", "Schaltungstechnik" usw. deuten an, daß (elektromechanische) Schalter (Relais) einmal von entscheidender Wichtigkeit in der Elektronik waren. Obwohl ihre Bedeutung heute nur noch untergeordnet ist, können Schalter weiterhin herangezogen werden, um das logische Verhalten Boolescher Funktionen zu verdeutlichen.

Beispiel: Schalterimplementierung der Funktion "UND" (s.o.):



Abb. 1.5: "UND"-Funktion.

Dieses Kontaktschema zeigt, daß eine Reihenschaltung zweier Schalter a und b nur dann zur Aktivierung z.B. eines nachgeschalteten Verbrauchers führt, wenn sowohl a als auch b geschlossen sind.
Wird dieser geschlossene Zustand mit "1" interpretiert, so entspricht dies genau dem Verhalten der oben über eine Wahrheitstafel definierten BFkt "UND".


1.3.5 Beschreibung Boolescher Funktionen durch Venn-Diagramme

Eine mengenorientierte Darstellung der Booleschen Funktionen kann in einer weiteren grafischen Form vorgenommen werden, die als Venn-Diagramm bekannt ist.

In diesem Venn-Diagramm werden die Argumenten-Mengen und die Ergebnis-Menge derart zusammengefaßt, daß eine einfache Interpretation möglich wird.
Die beiden Mengen werden durch unterschiedliche Merkmale charakterisiert:



Am Beispiel einer einfachen unären Funktion kann dieser Sachverhalt genauer aufgezeigt werden:

Beispiel: Die unäre Funktion "NOT" (NEGATION, INVERS-Funktion):

Diese Funktion wirkt nur auf einen einzigen Parameter ein (unär). Sie invertiert den logischen Wert des Arguments, d.h.


Sei U eine Bezugsmenge (Universalmenge), in der auch die Menge A enthalten sei. Es kann dann die Komplementmenge (oder Ergänzungsmenge) zu A definiert werden, die alle Elemente umfaßt, die zwar in U aber nicht in A enthalten sind.

CU(A) ist die Komplementmenge von A bezüglich U.

Das entsprechende Venn-Diagramm sieht also folgendermaßen aus:



Abb. 1.6: Venn-Diagramm der INVERS-Funktion



1.3.6 Darstellung Boolescher Funktionen mit Hilfe von Schaltzeichen (Schaltsymbolen)

Um auch umfangreichere digitale Schaltungen zu behandeln, können natürlich die oben eingeführten Darstellungsmethoden herangezogen werden, z.B. die Mengendarstellung, die funktionale Beschreibung, etc..

Bei der Entwicklung komplexer Schaltungen führt dies aber sehr schnell zur Unübersichtlichkeit. Durchgesetzt hat sich daher eine Methode, die grafische Symbole, sogenannte Schaltzeichen (Schaltsymbole) heranzieht, um die einzelnen Funktionen (Verknüpfungen) zu charakterisieren.

Diese Schaltzeichen sind auf internationaler Ebene genormt und erlauben daher eine eindeutige und vollständige (logische) Beschreibung digitaler Schaltungen.

Leider kann nicht von einer einzigen Normierung gesprochen werden. Auf Grund der historischen Entwicklung gibt es unterschiedliche Schaltzeichen-Normen, die zum Teil auch heute noch unabhängig voneinander zur Anwendung kommen:

Normen a und b kommen in den entsprechenden Ländern zur Anwendung, während es sich bei Norm c um eine alte DIN-Version handelt, die heute auf alle Fälle vermieden merden sollte.

Beispiel: Schaltsymbole für die Funktion "Negation"

DIN/IEC
ANSI/IEEE
DIN (alt)

Abb. 1.7: Schaltsymbole

Hinweis:
Ähnliche Schaltzeichen existieren für Boolesche Funktionen mehrerer Variablen (s.u.).


1.3.7 Mengen-Verknüpfungen

Die oben eingeführten Venn-Diagramme können auch dann zur grafischen Veranschaulichung herangezogen werden, wenn neue, komplexere Boolesche Funktionen durch Verknüpfung mehrerer Einzelfunktionen erzeugt werden.

Seien f1(a,b) und f2(a,c) zwei binäre BFkten, deren Argumente a,b und c extern bewertet werden. Die Ergebnisse von f1 und f2 sollen dann als Eingangsargumente einer dritten binären Funktion f3(g,h) dienen. Das Funktionsergebnis f3 hängt also von a,b und c ab.

Der Sachverhalt kann wiederum grafisch dargestellt werden, wenn die Einzelfunktionen z.B. durch Kästchen symbolisiert werden:


Abb. 1.8: Verknüpfung zweier Boolescher Funktionen.

In ähnlicher Form werden in der Digitaltechnik (Schaltungs-technik) alle logischen Operationen symbolisch definiert.

Die gleiche Funktionsverknüpfung kann auch wieder durch Angabe der Argumenten- und Funktionswertmengen verdeutlicht werden:


Abb. 1.9: Mengendarstellung einer Funktionsverknüpfung.


Sollen zur Darstellung wiederum Venn-Diagramme herangezogen werden, so bietet es sich in diesem komplexeren Fall an, die einzelen Argumentenelemente (Element-Tupel) anschaulicher zu repräsentieren (z.B. wiederum durch farb- oder schattierungs-markierte Punkte bzw. Kreise). Im Falle obiger Beispielfunktion könnte dies dann folgendermaßen aussehen:


Abb. 1.10: Venn-Diagramm-Darstellung einer Funktionsverknüpfung.

Für die 1-Mengen F1, F2 und F3 gilt dann:

Also:


Die hier gezeigte Funktionsdefinition ist eindeutig für f1 und f2, nicht aber für f3, was z.B. am Funktionswert f3(1,0,0) verifiziert werden kann.


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